Als ich im Jahr 1950 eingeschult wurde, war eines der Schulfächer Heimatkunde, nachfolgend wurde daraus das Fach Geschichte.
Natürlich lernte man den Spruch: 333 – bei Issos Keilerei, wer Herrmann, der Cherusker war, wurde einem schnell klar und auch, wer Karl, der Große oder Kaiser Barbarossa war. Merkwürdiger Weise aber hörte die Geschichte um 1900 auf. Die Lehrer fanden immer Wege, den neugierigen Fragen der Schüler auszuweichen und zuhause war der Vater in dieser Beziehung auch nicht sehr gesprächig.

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Nun schreiben wir das Jahr 2020, ich beschäftige mich seit mehr als zehn Jahren mit den Preußischen Adlern und stelle insbesondere bei seinen Erben fest, dass auch heute noch oft vollkommen falsche Vorstellungen bestehen.
So schrieb mir ausgerechnet aus Swakopmund in Namibia ein Leser meiner beiden Bücher: „Ich vermute, dass Sie sicher von einigen in Deutschland in die rechte Ecke gestellt werden. Heute ist ja alles, was nicht dem Zeitgeist entspricht, für viele schon suspekt und dann noch ein Buch über Preußische Adler, meine Gratulation“.

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Ich habe die Geschichte des Adlers bis zu den Sumerern zurückverfolgt, also bis etwa 3000 vor Christus. Die Sumerer waren ein Volk im südlichen Mesopotamien, der Name Sumerer stammt aus viel späterer Zeit, als altbabylonische Herrscher sich „König von Sumer und Akkade“ nannten. Die hier gezeigte Darstellung zeigt Inana (oder Ninsianna), die wichtigste sumerische Göttin. Ihre heilige Stadt war Uruk, dort galt sie als die Tochter des Himmelsgottes An. Hinter ihr zeigt sich ein von Ranken umgebener Adler.

In der griechischen Mythologie steht der Adler an Zeus´ Seite. Als Zeus gegen die Titanen kämpfte, brachte ein Adler Zeus seinen Pfeil und verkündete ihm den Sieg. Mit dem Donnerkeil in den Klauen wurde er zum Zeichen des Gottes Zeus.
In der römischen Mythologie ist der Adler das Symbol für den Göttervater Jupiter, der, angelehnt an die griechische Mythologie, dem Göttervater Zeus entspricht. Seine Zeichen sind ebenfalls Adler und Blitzbündel, abweichend dazu das Zepter.

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Der Feldherr Gaius Marius (geb.158 v. Chr. in Cereatae, gestorben 13.1.86 vor Chr.) führte bei seinen Legionen eine Standarte, die Aquila, einen Legionsadler, ein. Diese, in der ursprünglichen Bedeutung = Adler, war eine Standarte, die an ihrer Spitze einen goldenen Adler trug und darunter ein Blitzbündel, darunter der Schriftzug SPQR für das lateinische Senatus Populusque Romanus = Senat und Volk von Rom. Ähnlichkeiten mit dem Schellenbaum der Musikkorps der Bundeswehr sind nicht von der Hand zu weisen.
In der germanischen Mythologie spielt der Adler als Sturmvogel eine Rolle. Er ist mit dem germanischen Gott Odin verbunden. In der nordischen Mythologie saß ein Adler in der Weltenesche Yggdrasil, bei den Kelten stand der Adler für Scharfblick, Spiritualität und zukünftiges Wissen.
Im Christentum gilt der Adler als Symbol für die Himmelfahrt Christi. Da der Adler das einzige Lebewesen ist, welches beim Auffliegen ungeblendet direkt in die Sonne blicken kann, gilt er als Sinnbild für den Aufstieg in den Himmel und die Erlösung der Seele. Er ist auch das Symbol für den Evangelisten Johannes.
Aufgrund dieser Erkenntnisse zu dem Adler will und muss ich mich dagegen verwehren, dass der Adler ein Symbol des Nationalsozialismus ist. Im Gegenteil ist er von diesem missbraucht worden wie auch das Hakenkreuz. Um es deutlich zu sagen, dieses ist geklaut worden. Dieses Zeichen hat es bereits vor etwa 12.000 Jahren in Asien im Hinduismus, Jainismus und Buddhismus gegeben und es ist unter den Namen Swastika, Svastika oder Suastika bekannt.

Man hat aus zwei absolut positiven Symbolen, dem Adler und dem Hakenkreuz, das als Swastika ein religiöses Glückssymbol darstellte, durch die Zusammenfügung der
beiden eigenständigen Symbole ein Sinnbild kreiert, welches einer ganzen Welt sehr viel Unglück brachte.
Nun muss ich nochmal auf meine Schulzeit zurückkommen. In Bezug auf den Adler und die Zeit, die ich ermittelt habe, beträgt die Zeit der Nationalsozialisten ganze 0,24 %, in Bezug auf das Hakenkreuz sogar nur 0,1 % . Rechnerisch betrachtet spielen diese Zahlen kaum ein Gewicht, auch nicht in Statistiken, in der Politik schon mal gar nicht. Und gerade da wird der über Jahrtausende unbescholtene Adler plötzlich ein Nazi – Adler.
Da kann ein einigermaßen gesunder Menschenverstand einfach nicht mitspielen, da kann ich nicht weg sehen.
Deshalb möchte ich mit meiner Arbeit versuchen, das oftmals falsche Bild unseres Wappentieres Adler gerade zu rücken und ein paar Fakten aufzeigen, die oft aus Unwissenheit, Bequemlichkeit oder Opportunismus, manchmal aber auch aus Dummheit, verdrängt werden. Allerdings denke ich auch, dass der Adler – Freund aus Swakopmund mit seiner neutraleren Außenbetrachtung uns einen Spiegel vorhält.

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Bei meinem Besuch auf der Wasserkuppe in der Rhön erfuhr ich zu dem Adler des Fliegerdenkmals (beschrieben in meinem 1. Buch), dass es wohl noch zwei weitere Exemplare dieses Adlers in der Kunsthalle Hamburg und in der Alten Nationalgalerie in Berlin geben würde. Auf meine Anfragen dort erfuhr ich, dass beide Adler – Skulpturen sich in Depots befinden und nicht mehr ausgestellt werden. Den Adler in der Kunsthalle Hamburg durfte ich im Archiv fotografieren, im Katalog der Kunsthalle konnte ich lesen, dass dieser Adler „das Urbild aller nationalsozialistischen Adler usw. usw.“ sein soll. Dieser Adler wurde von Prof. August Gaul im Jahr 1903 für die Weltausstellung 1904 in St. Louis im US – Bundesstaat Missouri geschaffen.

Der Nationalsozialismus in Deutschland entwickelte sich aber erst aus der Deutschen Arbeiter Partei (DAP) heraus mit der Gründung der NSDAP am 24. Februar 1920 bis zur „Machtübernahme“ 1933. Der Hamburger Reeder Albert Ballin stellte zwei Exemplare dieses Adlers an der Auffahrt zu seiner Villa auf, Ballin war Jude und ein deutscher Patriot, der sich an dem Tag, als Kaiser Wilhelm II. ins Exil gehen musste, das Leben nahm. Er hätte sich mit Sicherheit keinen „nationalsozialistischen Adler“ vor seine Villa gestellt. Seine Witwe Marianne, geborene Rauert, schenkte einen dieser Adler dem Ring der Flieger auf der Wasserkuppe mit einem erheblichen Geldbetrag. Die Nationalsozialisten hielten später zwar Feiern an dem Denkmal ab, ließen aber nie verlauten, woher der Adler stammte.
Im Übrigen habe ich weder an dem Adler auf der Wasserkuppe noch an dem Adler im Keller der Hamburger Kunsthalle ein Parteiabzeichen entdecken können.
Bei meiner Suche (Rundreise durch Deutschland) habe ich in Neustadt an der Weinstraße am dortigen Stadion eine beeindruckende Adler – Skulptur gefunden, die 1941 erschaffen und aufgestellt wurde. Die Informationen dazu waren ausgesprochen spärlich, im Rahmen meiner Recherchen habe ich nur einen Zeitungsbericht vom 23. 4. 1941 aus der NSZ – Rheinfront und einen Ausschnitt vom 5. 9. 2007 aus der Zeitung „Die Rheinpfalz“ bekommen. Daraus geht hervor, dass der Bildhauer Fritz Korter aus Kaiserslautern den Adler geschaffen hat.

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Bei der Suche nach Informationen zu dem Künstler habe ich verschiedene seiner Werke gefunden, allerdings keine zu diesem Werk, das übrigens keinerlei vorhandene Zeichen aus dieser Zeit aufweist.
Einem Hinweis auf eine Adler – Figur in Haselhorst im Berliner Bezirk Spandau folgend, suchte ich im Lüdenscheider Weg nach einem entsprechenden Denkmal. Ein von mir befragter Passant sagte: „ Pass uff, det könnte een Nazi – Adler sinn“. Schließlich fand ich an einem Kinderspielplatz auf einem Sockel einen seine Flügel schützend über seine Jungen ausbreitenden Adler auf seinem Horst. Später fand ich dann eine Erklärung:

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Die 1,60 m hohe Skulptur auf dreiteiligem Granitsockel (2,35 m hoch), die einen Adler mit Gelege darstellt, wurde von Max Esser gestaltet und anlässlich der Vollendung der Reichsforschungssiedlung Haselhorst Anfang Juli (1935) als „ Denkmal der nationalen Erhebung “ aufgestellt. Man findet nirgends in Spandau einen Hinweis auf diese Adler – Skulptur, entsprechend bezeichnend ist vielleicht auch, dass das ebenfalls von Max Esser 1939 geschaffene Motorradfahrer – Denkmal an der ehemaligen Nordkurve der AVUS erst 1989 aufgestellt wurde, welches die Rennfahrer Ewald Kluge (DKW) und Ernst Jakob Henne (BMW) aus dieser Zeit zeigt.
Im Olympia – Park in Berlin stehen auf dem Adler – Platz (ehemals Hindenburg – Platz) vor dem Haus des Sports auf hohen Stelen zwei sehr schöne goldene Adler. Diese Adler wurden 1937 aufgestellt, nachdem sie eigentlich zerstört werden sollten.

Warum?

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Es stellte sich heraus, das Waldemar Raemisch, im 1. Weltkrieg Soldat der Luftwaffe, seit 1930 Professor für Metallplastik, mit der Jüdin Gertrud Ruth, geborene Galland, verheiratet war. Deswegen wurde er aus der Reichskammer für Bildende Künste ausgeschlossen und verlor sein Lehramt.

Am Polizeipräsidium Düsseldorf befindet sich an der Gebäudeecke Lorettostraße ein Reichsadler auf einem Eichenlaubkranz, der ehe- mals das nationalsozialistische Hakenkreuz beinhaltete, welches aber den Anweisungen der Alliierten entsprechend heraus- gemeißelt wurde, der Adler also entsprechend dem extra dafür geschaffenen Ausdruck entnazifiziert wurde. Damit aber nicht genug, irgendwann beauftragte man einen Joseph Beuys – Schüler, eine weitere Veränderung vorzunehmen. Dieser setzte ein schwarzes Metall – Dreieck mit der Aufschrift „Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich“ vor den Adler. Damit war ein neues Kunstwerk geschaffen.

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Nun kann man mich für einen Kunst – Banausen halten, aber wenn ich an die „Fettecken“ in Düsseldorf oder die „Hirschdenkmäler“ im Martin – Gropius – Bau in Berlin von Joseph Beuys denke, sehe ich lediglich einen Scharlatan, der ein Publikum an der Nase herumführt, welches davor Angst hat, mit einer eigenen Meinung aus dem Rahmen zu fallen, also seine Werke für Kunst hält.
Entsprechend frage ich mich, wie groß ist denn der Unterschied zwischen den Menschen, die Kunstwerke in Depots und Archiven verstecken und dem Betrachter vorenthalten, weil sie irgend etwas, was nicht vorhanden ist, in die Werke hinein interpretieren, und denen, die Kunstwerke in einer grauen Zeit versteckt oder zerstört haben, weil diese nicht in ihre Weltanschauung gepasst haben.
Sind wir denn so unmündig, dass wir nicht selbst unterscheiden können, was schön ist und was nicht, was Kunst ist und was nicht ?
Sicher sind die Skulpturen von Arno Breker im Olympia – Park in Berlin imposant, stark und dem Zeitgeist entsprechend, aber ist seine Darstellung des Kopfes von Salvador Dali nicht von einer beeindruckenden Feinheit und Natürlichkeit, seine Büste von Konrad Adenauer gefällt mir allemal besser als die im Willy – Brandt – Haus zu sehende Skulptur von diesem, aber die künstlerische Freiheit sollte der jeweilige Künstler schon haben.
In diesem Sinn, aus den Lehren meiner Schulzeit und meinem weiteren Leben, aber auch aus den Geschehnissen und ihrem Umgang damit in der Bundeswehr aus der neueren Zeit, werde ich die Zeit des „Dritten Reiches“ nicht einfach auslassen, das wäre mir einfach zu unehrlich. Auch im Sinn des Adler – Freundes aus Swakopmund werde ich, auch wenn man mich in die rechte Ecke stellt, so weiter machen wie bisher. Ich muss mir morgens beim Rasieren noch ins Gesicht sehen können.

In dem Sinn werde ich mich an die Preußischen Tugenden halten
und an Friedrich, den Großen :

Jeder soll nach seiner Façon selig werden